Wonnemonat Mai – muss man mehr sagen :-)? Nein! Frisches junges Grün, wo man auch hinschaut, und die Hühner streunen über die gesamte Wiese auf der Suche nach Würmchen und leckeren Kräutern. Einige relaxen im Staubbad, und wieder andere haben es sich zur Gewohnheit gemacht, durch ein Loch im Zaun den Rest des Hofes zu erkunden – und das tun wir jetzt auch!
An verschiedenen Stellen begegnet uns die Akelei (1), und das in unterschiedlichen Lilatönen. Mit der Farbe hat sich die Pflanze im Laufe der Evolution an ihre jeweiligen Bestäuber angepasst: Hummelblüten sind blau-violett, Kolibriblüten rot, Schwärmerblüten weiß oder gelb. Damit steht fest, dass – auch in Ermangelung von Kolibris – für unsere hier die Hummeln zuständig sind. Diese beißen übrigens öfters einfach das gesamte Hütchen der Akelei ab, um bequemer an den Nektar zu kommen! Elfenschuh, Zigeunerglocken, Teufelsglocken, Kaiserglocken und Narrenkappen sind weitere Namen der Akelei – die zeigen, dass die Pflanze über Jahrhunderte Bedeutung für den Menschen hatte. Sie wurde übrigens als Aphrodisiakum eingesetzt und war dementsprechend der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Freya geweiht.
Die Gewöhnliche Nachtviole (2) wächst dicht am Brölbach, der auch ihre Samen weiterträgt. Von Natur aus ein Gewächs der Bergregionen, ist sie im Laufe der letzten Jahrhunderte aus vielen Bauerngärten ausgewandert, so dass sie nun auch im Flachland zu Hause ist. Auch sie stellt ein wichtiges Schmetterlingsfutter dar: Der Aurorafalter und der Kleine Kohlweisling, aber auch diverse Nachtfalter ernähren sich gerne von der pfeffrig schmeckenden Pflanze. Der Mensch sollte das möglichst lassen, denn alle Bestandteile sind giftig, wenn auch nicht wirklich gefährlich. Wie zur Entschädigung duftet sie besonders gut, und das am stärksten abends.
Direkt neben der Nachtviole sitzt ein Landkärtchen (3), das gerade erst das Puppenstadium hinter sich gelassen hat, auf einem Doldenblütler (Bärenklau, Wiesen-Kerbel, Giersch? Die sind ja so schwer auseinanderzuhalten!). Es gehört jedenfalls zur Frühjahrsgeneration dieser Art – das ist an seiner Zeichnung erkennbar. Die im Sommer schlüpfenden Tiere sehen deutlich anders aus und wurden darum lange für eine komplett andere Art gehalten. Dieses Phänomen nennt man Saison-Dimorphismus, und es hängt hauptsächlich von der Tageslichtdauer während der Puppenruhe ab. Die Sommergeneration ist deutlich häufiger, da sie bessere Überlebenschancen hat.
Der Ehrenpreis (4) ist ein hübsches kleines Blümchen, das sich nicht nur am Feld-, sondern auch auf dem Tellerrand gut macht. Nicht nur, dass es essbar ist – es kann noch viel mehr. Es wurde lange gegen Blasen-, Nieren- und Gallenleiden angewendet und hilft genauso gegen Müdigkeit und Husten. Auch bei Hautkrankheiten war es im Mittelalter das Mittel der Wahl. Seiner vielseitig heilenden Wirkung hat es sowohl den Namen Ehrenpreis auch Allerweltsheil zu verdanken.
Die Iris (5) oder auch Schwertlilie hat sich ebenfalls am Bach eingerichtet. Es gibt sie in unzähligen Farben – weshalb sie nach der griechische Göttin des Regenbogens benannt ist – und in wilden und gezüchteten Formen. Und natürlich in stilisierter: Das Wappen der französischen Könige zierte seit dem frühen Mittelalter eine Schwertlilie, die „Fleur-de-Lys“. Dem ersten Merowinger-König soll eine Lilie direkt von einem Engel (drunter tun wir es nicht!) überreicht worden sein als Zeichen seines gottgewollten Anspruchs auf den Thron. In der Heraldik kommt sie aber nicht nur bei den Franzosen vor, sondern in vielen weiteren europäischen Wappen – gerade in ihrer goldgelben Form galt sie als Symbol für Ritterlichkeit. Und sowas Edles gibt sich am Rande einer Hühnerweide die Ehre ;-)!
Oh, und dann ist da noch die Hagebutte (6) – noch so ein Alleskönner! Das Fruchtfleisch ist voll mit Vitaminen, insbesondere Vitamin C. Aus ihm hat man „immer schon“ Konfitüre gemacht, aber auch Wein und Likör. Und genau wie der Ehrenpreis wirkt sie gegen einen ganzen Strauß von Beschwerden: Gicht und Rheuma, Erkältungen, Blasen- und Nierenprobleme, Arthrose und Hautkrankheiten – für die Hagebutte angeblich alles kein Problem! Berühmtheit erlangte sie aber auch auf ganz anderem Wege, durch Hoffmann von Fallersleben nämlich, der sie in seinem Lied „Ein Männlein steht im Walde“ betextete. Diese integrierte Engelbert Humperdinck 1893 in seine Oper „Hänsel und Gretel“, und seitdem rätselte man in Deutschland, ob es sich bei dem Männlein um den Fliegenpilz oder die Hagebutte handelte.
Und jetzt schnell wieder in den Schatten – genießt den Frühsommer!