Die alten Weiber schlurfen langsam aber zielstrebig in den nicht enden wollenden Sommer – und wir neugierig um den Hof auf der Suche nach den kleinen Wundern der Natur.

Wie die roten Beeren des Weißdorns (1) etwa! Genau jetzt ist die richtige Zeit, sie zu ernten und Marmelade oder sogar Likör daraus zu machen. Das Gute an ihnen ist, dass sie nicht nur lecker süß schmecken, sondern viele Vitamin haben und sich positiv auf Durchblutung und den Herzmuskel auswirken sollen. Allerdings sollte man darauf achten, das sie nicht zu nah an stark befahrenen Straßen oder gedüngten Feldern wachsen, sonst ist die gesundheitsfördernde Wirkung schnell dahin.

Auch an der Hainbuche (2) direkt daneben sind die Samen kurz vor dem Ausfliegen – diese dreiblättrigen „Schraubenflügler“ können bei guten Windbedingungen bis zu einem Kilometer weit kommen. Mit der Rotbuche ist sie übrigens nicht verwandt, dafür aber mit der Birke. Ihr Holz ist so hart und schwer, dass man ihr den Beinamen „Eisenbaum“ gegeben hat.

Oh, und dann ist da noch die Hagebutte (3), die ebenfalls frische Früchte gebildet hat. Das Fruchtfleisch ist voll mit Vitaminen, insbesondere Vitamin C. Aus ihm hat man „immer schon“ Konfitüre gemacht, aber auch Wein und Likör. Gicht und Rheuma, Erkältungen, Blasen- und Nierenprobleme, Arthrose und Hautkrankheiten – für die Hagebutte angeblich alles kein Problem! Berühmtheit erlangte sie aber auch auf ganz anderem Wege, durch Hoffmann von Fallersleben nämlich, der sie in seinem Lied „Ein Männlein steht im Walde“ betextete. Diese integrierte Engelbert Humperdinck 1893 in seine Oper „Hänsel und Gretel“, und seitdem rätselte man in Deutschland, ob es sich bei dem Männlein um den Fliegenpilz oder die Hagebutte handelte.

Die etwas zerzaust aussehende Kuckuckslichtnelke (4) ist ein Indikator für magere Wiesen und wächst am liebsten in Mooren und Sümpfen – oder eben an einem versumpften Nebenarm des Brölbachs bei uns neben der Hühnerweide. Ihre Hauptblütezeit ist eigentlich im Juni, aber dieses Exemplar ist wohl ein Nachzügler. Schaumzikaden nutzen die Pflanze gerne zur Eiablage.

Das Vergissmeinnicht (5) – oder auch „Mausohr“ – ist ebenfalls spät dran, ist es doch eigentlich ein Frühblüher. Genau wie die Kuckuckslichtnelke daneben bevorzugt dieses alte Wildpflänzchen feuchte Standorte. Im Nationalsozialismus nutzen Freimaurer es als Erkennungszeichen, da alle anderen ihrer Symbole nicht offen getragen werden durften. Das Vergissmeinnicht ist ein Symbol für zärtliche Erinnerung sowie für Abschied in Liebe. So erinnert es in Deutschland an die Gefallenen des 1. Weltkrieges.

Die Vierfleckkreuzspinne (6) hat in ihrem Netz knapp über dem Boden gerade einen Weberknecht gefangen und fachmännisch verpackt – auch Grashüpfer sind für sie ein „gefundenes Fressen“. Diese Spinne mit dem mächtigen kugeligen Hinterleib kommt in Europa häufig vor, wird aber relativ selten bemerkt, weil sich nicht wie andere Artgenossen in der Mitte ihres Netzes auf Beute wartet, sondern etwas seitlich versteckt. Das Netz selber erreicht schon mal einen Durchmesser von einem Meter und wird alle paar Tage neu gebaut. Die Spinne frisst dabei zuerst das alte Netz komplett auf, bevor sie das neue anlegt. Mit ihm ist sie durch einen Signalfaden verbunden und bekommt mit, wenn sich darin etwas tut. Mit bis zu 1,5 g ist sie die schwerste einheimische Spinnenart. Giftig ist ihr Biss zwar, allerdings nur für Insekten – menschliche Haut ist für ihre kleinen Giftklauen viel zu dick. Bei Kindern könnten sie theoretisch noch durchdringen, allerdings ist das Ergebnis nicht mehr als ein leicht juckender Stich, wie man ihn genauso von einer Mücke bekommen könnte.

Und dann entdecken wir eine echte kleine Schönheit im Rindenmulch direkt neben dem Komposthaufen: einen Nashornkäfer (7), eine in der Bundesartenschutzverordnung eine „besonders geschützte“ Tierart. Dass es sich hier um ein Männchen handelt, erkennt man an dem ausgeprägten Horn, dass die Weibchen nicht besitzen. Wikipedia weiß zu diesem Merkmal folgendes zu sagen: „Die adulten Käfermännchen nutzen das auffallende Kopfhorn tatsächlich Nashorn-artig bei Kämpfen gegeneinander um Weibchen. Wie bei verwandten Arten, ist davon auszugehen, dass kleine Männchen hornlos bleiben, um sich gegenüber überlegenen Männchen als Weibchen zu ‚tarnen‘.“ Archäologen konnten diese Mini-Saurier auf ein Zeitalter vor der letzten Eiszeit datieren – in Deutschland hat man Reste der Käfer im Stralsunder Rathaus aus dem 14. Jahrhundert gefunden.

Die grüne Zwergzikade (8) lebt in verschiedenen Feuchtbiotopen wie Feuchtwiesen, Mooren und Waldsäumen. Offensichtlich haben wir hier gerade ein Weibchen getroffen, denn die Männchen sind eher heidelbeerblau gefärbt. Sie ernährt sich von Pflanzensaft, den sie aus den Stengeln heraussaugt. Auch hierbei handelt es sich um eine sehr ursprüngliche Art, wie 23 bis 55 Millionen Jahre alte Bernsteinfunde zeigen: die in ihnen eingeschlossenen Zwergzikaden sehen nicht wesentlich anders aus als heutige Vorkommen.